
Der Mensch
Der Mensch (auch Homo sapiens, lat., verstehender, verständiger bzw. weiser, gescheiter, kluger, vernünftiger Mensch) ist nach der biologischen Systematik ein höheres Säugetier aus der Ordnung der Primaten (Primates). Er gehört zur Unterordnung der Trockennasenaffen (Haplorrhini) und dort zur Familie der Menschenaffen (Hominidae).
Der Mensch ist die einzige überlebende Art der Gattung Homo. Er ist in Afrika seit rund 200.000 Jahren fossil belegt[1] und entwickelte sich dort über eine als archaischer Homo sapiens bezeichnete Mosaikform vermutlich aus Homo erectus. Weitere, jedoch deutlich jüngere fossile Belege gibt es für die Art aus allen Kontinenten außer Antarktika. Von den noch lebenden Arten sind die Schimpansen dem Menschen stammesgeschichtlich am nächsten verwandt, vor den Gorillas; dem Genom nach unterscheiden sich dabei im Mittel Gorillas vom Schimpansen etwas mehr als vom Menschen.[2]
Obgleich der Mensch biologisch verstanden ein Tier ist, wird von ihm herkömmlich, darunter auch in juristischen Kontexten, oft so gesprochen, als ob er keines wäre, und der Begriff der Tiere eingeschränkt auf „Tiere mit Ausnahme des Menschen“.
Die Weltbevölkerung des Menschen hat heute eine Größe von mehr als sieben Milliarden Individuen.[3]
Von maßgeblicher Bedeutung für die Menschwerdung sind Interdependenzen zwischen genetischen, zerebralen, ökologischen, sozialen und kulturellen Faktoren. Zu den charakteristischen Merkmalen menschlichen Daseins gehören das Angewiesensein auf mitmenschliche Zuwendung und Versorgung in einer lang andauernden Kindheit, der Spracherwerb, geistige Anlagen sowie kulturelle und soziale Bindungen. Sein Bewusstsein erschließt dem Menschen unter anderem eine zeitliche und geschichtliche Dimension sowie ein reflektiertes Verhältnis zu sich selbst, zu den eigenen Antrieben, Handlungen und ihren möglichen Folgewirkungen. So können sich Menschen auch Fragen stellen, die in grundlegender Weise die eigene Existenz und Zukunft betreffen, etwa nach ihrer persönlichen Freiheit, nach ihrer Stellung in der Natur und ihrem Umgang damit, nach moralischen Grundsätzen menschlichen Zusammenlebens und nach einem Sinn des Lebens überhaupt
Der Wolf
Der Wolf (Canis lupus) ist ein Beutegreifer und gehört zur Ordnung der Raubtiere (Carnivora) aus der Familie der Hunde (Canidae). Wölfe leben in der Regel in Familienverbänden, umgangssprachlich auch Rudel genannt. Hauptbeute sind mittelgroße bis große Huftiere. Die Art war seit dem späten Pleistozän, somit etwa einhunderttausend Jahre lang, in ganz Europa, weiten Teilen Asiens einschließlich der Arabischen Halbinsel sowie Japan und Nordamerika verbreitet. Sie wurde jedoch im 19. Jahrhundert in nahezu allen Regionen vor allem durch menschliche Bejagung stark dezimiert, in West- und Mitteleuropa fast und in Japan vollständig ausgerottet. Seit Ende des 20. Jahrhunderts steht der Wolf unter internationalem Schutz und die Bestände erholen sich teilweise. In Deutschland konnte im Jahr 2000 erstmals wieder die Geburt von Welpen nachgewiesen werden, im November 2013 waren 25 sesshafte[1] und im Oktober 2014 bereits 34 Wolfsrudel oder -paare bestätigt.[2]
Wölfe haben schon frühzeitig Eingang in die Mythen und Märchen vieler Völker gefunden, sie zählen daher zu den bekanntesten Raubtieren.
Die Schule
Wortlisten aus Sumer lassen vermuten, dass es Schulen schon seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. gibt. Schultexte aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. als direkte Belege wurden im sumerischen Schuruppak (im heutigen Irak) gefunden. Die sumerischen Schulen, in denen die Schulbänke aus Lehmziegeln bestanden, wurden als Tafelhäuser bezeichnet. Als Fächer lassen sich Rechnen, Zeichnen und Sumerisch, d. h. Lesen und Schreiben, bestimmen. Im Unterricht wurden Aufsätze, Fabeln, Weisheitslehren, Hymnen und Epen verfasst. Die "Väter" genannten Lehrer zeigten zum Teil Humor, wie eine Lehrgeschichte zur Addition von 9 und 1, die Fabel vom klugen Wolf und den neun dummen Wölfen, zeigt. Diese Fabel ist ein mathematischer Lehrtext, den die Schüler abschreiben mussten.
Im Alten Ägypten war der Schulbesuch nur den Wohlhabenden möglich, da die Kinder der gesellschaftlichen Unterschicht, größtenteils Bauern und einfache Handwerker, ihren Eltern meist bei der Arbeit helfen mussten. Wer schreiben konnte, genoss ein hohes Ansehen und hatte so die Möglichkeit, Priester oder Beamter zu werden. Mädchen besuchten im Alten Ägypten ebenfalls die Schule, auch wenn dies seltener vorkam als bei Jungen. Unterrichtet wurde für gewöhnlich in Tempelschulen und Verwaltungsgebäuden. Die Erziehung in diesen Einrichtungen war sehr streng, sodass auch körperliche Züchtigung deren fester Bestandteil war. Geschrieben wurde auf Ostrakon, da Papyrus zu kostbar für einfache Schreibübungen war. Unterrichtsgegenstände waren Lesen und Schreiben, Mathematik, Geographie, Geschichte, Astronomie, Bildhauerei, Malerei und auch Sport.
Im antiken Griechenland herrschte keine einheitliche Staatsform, da sich das Land aus zahlreichen Stadtstaaten, den sogenannten Poleis (Einzahl: „Polis“) zusammensetzte. Daher war das Leben dort von Region zu Region unterschiedlich. Während Sparta als kriegsorientierte Nation das Hauptaugenmerk der Ausbildung der Jungen auf militärische Ziele legte, konnten die Kinder wohlhabender Familien Athens allgemein bildende Schulen besuchen. Dennoch gab es auch in Athen weder eine Schulpflicht noch öffentliche Schulgebäude. Stattdessen wurden die Kinder beim Lehrer zuhause unterrichtet. Anders als im Alten Ägypten hatten die Lehrer im antiken Griechenland aber kein großes Ansehen und wurden dementsprechend auch schlecht bezahlt. Dies änderte sich erst langsam um 500 v. Chr. Als Schreibstoff benutzten die Schüler Wachstafeln oder Papyrus. Viel bedeutender als Lesen und Schreiben war für die Griechen eventuell die Musik. Weil es noch keine Noten gab, mussten die Schüler auf ihren Instrumenten dem Lehrer nachspielen. Auch der Gesang wurde gelehrt, da Sänger im antiken Griechenland sehr geachtet waren, sowie außerdem Sport, sodass die Schüler an großen Wettkämpfen teilnehmen konnten.
In der Römischen Republik übernahmen die Eltern den Unterricht selbst. Es gab somit weiterhin keine Schulpflicht und auch keine öffentliche Schulform. Erst in der Römischen Kaiserzeit wurden öffentliche Schulen gegründet. Die Schüler schrieben wie im antiken Griechenland auf Wachstafeln oder Papyrus. Der Mathematik wurde zu dieser Zeit eher geringe Bedeutung beigemessen und die meisten Lehrer genossen nach wie vor kein hohes Ansehen. Der Unterricht fand teilweise auf dem Forum statt, wo es jedoch sehr laut war.
Im mittelalterlichen Europa gab es zunächst nur kirchliche Schulen in Klöstern, in denen der Unterricht im Lesen und Schreiben ausschließlich Priestern und Mönchen vorbehalten war. Cassiodor verfasste im 6. Jahrhundert eine später "Lehrplan" genannte Studienordnung. Dieses Werk stellte eine Kanonisierung des Wesentlichen für die Schule dar. Er sah seine Klosterakademie als Bildungsgemeinschaft. Seine Schulpraxis stützte sich formal auf die ciceronische Überzeugungsrhetorik als erzieherischem Lehransatz. Dieser Lehrplan fand erst nach dem Tod des Verfassers in dem politisch geschaffenen abendländischen Kulturraum eine konsekutive Überlieferung in verschiedene Erscheinungsformen der Schule.[1] Erst ab dem 13. Jahrhundert wurden langsam öffentliche Schulen eingerichtet. Holztafeln oder Wachsplatten dienten als Schreibutensilien. Die körperliche Züchtigung war keine Seltenheit.
Obwohl das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken bereits 1592 als kleinere staatliche Einheit die allgemeine Schulpflicht für Mädchen und Knaben eingeführt hatte,[2] und die Stadt Straßburg dem auch schon im Jahre 1598 mit einem entsprechenden Gesetz gefolgt war, setzte sich erst 1919 mit der Weimarer Verfassung die allgemeine Schulpflicht für ganz Deutschland durch.[3]
Schule ist jedoch bis heute als kulturelle Einrichtung Sache der Einzelstaaten bzw. Bundesländer geblieben. Die Ausdifferenzierung hatte in der Weimarer Zeit einen Höhepunkt erreicht[4] und wurde in der Zeit des Nationalsozialismus durch ein Reichserziehungsministerium einer gewissen Vereinheitlichung zugeführt. Dies bedeutete jedoch nicht, dass es gerade in den neuen Schulfächern wie Leibesübungen/Turnunterricht im Hinblick auf Ausbildung, Einsatz, Besoldung, Stundenzahl etc. so große Unterschiede gab, dass solche Fachlehrer scharenweise dem Nationalsozialismus zuliefen.[5]
Siehe Chengdu Shishi Zhongxue, Liste der ältesten Schulen im deutschen Sprachraum, Paideia, Römische Erziehung, Sieben Freie Künste, Humanismus, Deutsches Bildungssystem, Bildungsreform, Residential Schools (Kanada)
Das Universum
Das Universum (von lateinisch universus „gesamt“, von unus und versus „in eins gekehrt“), auch: der Kosmos oder das Weltall, ist die vorgefundene Anordnung aller Materie und Energie, angefangen bei den elementaren Teilchen bis hin zu den großräumigen Strukturen wie Galaxien und Galaxienhaufen.
Die Kosmologie, ein Teilgebiet sowohl der Physik als auch der gegenwärtigen Philosophie der Naturwissenschaften, befasst sich mit dem Studium des Universums und versucht Eigenschaften des Universums wie beispielsweise die Frage nach der Feinabstimmung der Naturkonstanten zu beantworten.
Die heute allgemein anerkannte Theorie zur Beschreibung der großräumigen Struktur des Universums ist die allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein. Auch die Quantenphysik hat wichtige Beiträge zum Verständnis speziell des frühen Universums der Zeit kurz nach dem Urknall geliefert, in dem die Dichte und Temperatur sehr hoch waren. Wahrscheinlich wird ein erweitertes Verständnis des Universums erst erreicht, wenn die Physik eine Theorie entwirft, die die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantenphysik vereint. Diese „Theory Of Everything“ oder auch Weltformel genannte Theorie der Quantengravitation sollen die vier Grundkräfte der Physik einheitlich erklären.
Inhaltsverzeichnis
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1 Herkunft der Bezeichnungen
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2 Alter und Zusammensetzung
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3 Form und Volumen
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3.1 Zusammenhang zwischen Massendichte, lokaler Geometrie und Form
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3.2 Konsequenzen eines unendlichen Raumzeitvolumens
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4 Strukturen innerhalb des Universums
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5 Siehe auch
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6 Literatur
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7 Weblinks
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7.1 Videos
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8 Einzelnachweise
Herkunft der Bezeichnungen
Siehe auch: Weltraum
Das Wort „Universum“ wurde im 17. Jahrhundert von Philipp von Zesen durch das Wort „Weltall“ verdeutscht.[3] Während das Universum bzw. Weltall alles umfasst, ist mit dem Begriff Weltraum nur der Raum außerhalb der Erdatmosphäre und außerhalb der Atmosphären anderer Himmelskörper gemeint, in dem nahezu ein Vakuum herrscht. Umgangssprachlich (eigentlich inkorrekt) wird „Weltall“ oder „All“ aber auch mit der Bedeutung von Weltraum verwendet.
Das Wort „Kosmos“ ist aus altgriechisch κόσμος („Ordnung“) entlehnt und ist prinzipiell gleichbedeutend mit dem Begriff Universum, drückt aber zusätzlich aus, dass sich das Universum in einem „geordneten“ Zustand befinde, als Gegenbegriff zum Chaos. Es ist seit dem 19. Jahrhundert bezeugt und ist die Wortwurzel für Kosmonaut, den Begriff für sowjetische bzw. russische Raumfahrer.
Alter und Zusammensetzung
Siehe auch: Urknall
Die Andromeda-Galaxie, die uns am nächsten gelegene größere Galaxie
Die klassische und heute weithin anerkannte Urknalltheorie geht davon aus, dass das Universum in einem bestimmten Augenblick, dem Urknall, aus einer Singularität heraus entstanden ist und sich seitdem ausdehnt (siehe Expansion des Universums). Zeit, Raum und Materie sind demnach mit dem Urknall entstanden. Zeiten „vor“ dem Urknall und Orte „außerhalb“ des Universums sind physikalisch nicht definierbar. Daher „gibt“ es in der Physik weder ein räumliches „Außerhalb“, noch ein zeitliches „Davor“, noch eine Ursache des Universums.
Da die naturwissenschaftlichen Gesetze für die extremen Bedingungen während der ersten etwa 10−43 Sekunden (Planck-Zeit) nach dem Urknall nicht bekannt sind, beschreibt die Theorie den eigentlichen Vorgang streng genommen nicht. Erst nach Ablauf der Planck-Zeit können die weiteren Abläufe physikalisch nachvollzogen werden. So lässt sich dem frühen Universum z. B. eine Temperatur von 1,4 · 1032 K (Planck-Temperatur) zuordnen.
Das Alter des Universums ist aufgrund von Präzisionsmessungen durch das Weltraumteleskop Planck sehr genau gemessen: 13,80 ± 0,04 Milliarden Jahre. Eine frühere Ermittlung des Alters durch den Satelliten WMAP ergab das etwas ungenauere Ergebnis von 13,7 Milliarden Jahren. Das Alter kann auch durch Extrapolation von der momentanen Expansionsgeschwindigkeit des Universums auf den Zeitpunkt, an dem das Universum in einem Punkt komprimiert war, berechnet werden. Diese Berechnung hängt aber stark von der Zusammensetzung des Universums ab, da Materie bzw. Energie durch Gravitation die Expansion verlangsamen. Die bisher nur indirekt nachgewiesene Dunkle Energie kann die Expansion allerdings auch beschleunigen. So können verschiedene Annahmen über die Zusammensetzung des Universums zu verschiedenen Altersangaben führen. Durch das Alter der ältesten Sterne kann eine untere Grenze für das Alter des Universums angegeben werden. Im aktuellen Standardmodell stimmen diese Methoden sehr gut überein.
Sämtliche Berechnungen für das Alter des Universums setzen voraus, dass der Urknall tatsächlich als zeitlicher Beginn des Universums betrachtet werden kann, was wegen Unkenntnis der physikalischen Gesetze für den Zustand unmittelbar nach Beginn des Urknalls nicht gesichert ist. Zwar kann ein statisches Universum, das unendlich alt und unendlich groß ist, ausgeschlossen werden, nicht jedoch ein dynamisches unendlich großes Weltall. Dieses wird unter anderem durch die beobachtete Expansion des Weltalls begründet. Des Weiteren wies schon der Astronom Heinrich Wilhelm Olbers darauf hin, dass bei unendlicher Ausdehnung und unendlichem Alter eines statischen Universums der Nachthimmel hell leuchten müsste (Olberssches Paradoxon), da jeder Blick, den man in den Himmel richtet, automatisch auf einen Stern fallen müsste. Ist das Universum allerdings unendlich groß, hat aber nur ein endliches Alter, so hat uns das Licht von bestimmten Sternen einfach noch nicht erreicht.
Der Raum zwischen Galaxien ist nicht vollständig leer. Er ist mit stark verdünntem Wasserstoff-Gas gefüllt. Dieses intergalaktische Medium besteht aus etwa einem Atom pro Kubikmeter. Innerhalb von Galaxien ist die Dichte der Materie jedoch wesentlich höher. Desgleichen ist der Raum von Feldern und Strahlung durchsetzt. Die Temperatur der Hintergrundstrahlung beträgt derzeit 2,7 Kelvin (also etwa −270 °C). Sie entstand 380.000 Jahre nach dem Urknall. Das Universum besteht nur zu einem kleinen Teil aus uns bekannter Materie und Energie (5 %), von der wiederum nur 10 % Licht aussendet und dadurch sichtbar ist. Einen größeren Teil (27 %) macht „dunkle Materie“ aus. Dunkle Materie ist durch eine Vielzahl von Beobachtungen indirekt nachgewiesen, aber ihre Zusammensetzung ist noch weitgehend unverstanden. Der größte Teil ist „dunkle Energie“ (68 %), die für die beschleunigte Expansion verantwortlich ist.[4] Auf die dunkle Energie wurde aus den Daten von weit entfernten Supernovaexplosionen geschlossen, ihre Existenz wird durch Satelliten wie COBE, WMAP und Planck, Ballonexperimente wie BOOMERanG sowie Gravitationslinseneffekte und die Galaxienverteilung im Universum bestätigt.
Form und Volumen
Intuitiv liegt die Vermutung nahe, dass aus der Urknalltheorie eine „Kugelform“ des Universums folgt; das ist jedoch nur eine von mehreren Möglichkeiten. So wurden neben einem flachen unendlichen Universum viele andere Formen vorgeschlagen, darunter beispielsweise eine Hypertorusform, oder auch die in populärwissenschaftlichen Publikationen als „Fußballform“ und „Trompetenform“ bekannt gewordenen Formen. Einige Daten des Satelliten WMAP sprechen auch dafür, dass das Universum ein Ellipsoid ist.[5]
Im CDM-Standardmodell (CDM von engl. Cold Dark Matter, „kalte dunkle Materie“) sowie dem aktuelleren Lambda-CDM-Standardmodell, das die gemessene Beschleunigung der Expansion des Universums berücksichtigt, ist das Universum flach; das heißt, der Raum wird durch die euklidische Geometrie beschrieben. Ein solches Universum muss nicht zwingend ein unendliches Volumen haben, da auch kompakte Topologien für den Raum möglich sind. Auf der Basis der verfügbaren Beobachtungen kann derzeit nur eine grobe untere Grenze für die Ausdehnung des Universums angegeben werden. Nach Neil J. Cornish[6] von der Montana State University zeigen Daten des Satelliten WMAP, dass das Universum gemäß den meisten Modellen einen Durchmesser von mindestens 78 Milliarden Lichtjahren besitzen muss. Im Lambda-CDM-Standardmodell wird daher meist eine flache Geometrie mit unendlicher Ausdehnung betrachtet.
Hintergrund der berechneten Mindestgröße ist, dass eine Krümmung des Universums nicht gemessen werden konnte. Die Messungenauigkeit ist aber mit 2 % relativ groß. Geht man davon aus, dass diese Messungenauigkeit zu einer Krümmung des Universums von eben diesen maximal 2 % führt, so könnte das Universum in sich selbst zurückgekrümmt sein. Die Krümmung könnte aber tatsächlich null sein oder sie könnte einen Wert zwischen null und der maximalen denkbaren Krümmung annehmen. Im ersten Fall wäre das Universum unendlich groß, im letzteren wäre es größer als 78 Milliarden Lichtjahre.
Da das Universum 13,8 Mrd. Jahre alt ist, können nur Objekte wahrgenommen werden, deren Licht vor maximal 13,8 Mrd. Jahren ausgesandt wurde. Da sich in den vergangenen 13,8 Mrd. Jahren der Raum stark ausgedehnt hat, befinden sich die Orte, von denen Objekte vor 13,8 Mrd. Jahren Licht ausgesandt haben, heute 46 Mrd. Lichtjahre entfernt. Die Objekte selbst können sich durch Eigenbewegung innerhalb des Raumes in der Zeitspanne von 13,6 Mrd. Lichtjahre von diesen Orten noch darüber hinaus weiter entfernt haben.[7]
Bei einer minimalen Gesamtgröße des Universums von 78 Mrd. Lichtjahren und 46 Mrd. Lichtjahren Entfernung in alle Richtungen der Grenzgalaxien von der Erde aus, ist es nicht ausgeschlossen, dass man dieselben Himmelskörper in verschiedenen Richtungen beobachten könnte. Versuche hierzu haben bislang keine Ergebnisse gebracht. Die Interpretation der Daten ist aber sehr schwierig, weil sich Objekte im Laufe der Zeit verändern. Eine Galaxie, die auf gegenüberliegenden Seiten des Universums beobachtet würde, könnte auf der einen Seite z. B. 1 Mrd. Jahre älter sein, da sie zur einen Seite von uns aus gesehen 1 Mrd. Lichtjahre weiter entfernt läge. Eine Galaxie kann aber nach 1 Mrd. Jahren ganz anders aussehen, z. B. mit einer anderen Galaxie verschmolzen sein und sich so z. B. von einer Spiralgalaxie in eine irreguläre Galaxie verwandelt haben. Die Tatsache, dass es noch nicht gelungen ist, Himmelsobjekte „gleichzeitig“ in verschiedenen Richtungen des Universums zu identifizieren, stellt demnach nur ein Indiz, aber keinen Beweis dafür dar, dass wir nicht in einem auf „nur“ 78 Mrd. Lichtjahre in sich selbst zurückgekrümmten Universum leben.
Wichtig ist der Unterschied zwischen Unendlichkeit und Unbegrenztheit: Auch wenn das Universum ein endliches Volumen besäße, könnte es unbegrenzt sein. Anschaulich lässt sich dieses Modell folgendermaßen darstellen: Eine Kugeloberfläche (Sphäre) ist endlich, besitzt aber auf dieser Fläche keinen Mittelpunkt und ist unbegrenzt (man kann sich auf ihr fortbewegen, ohne jemals einen Rand zu erreichen). So wie eine zweidimensionale Kugeloberfläche eine dreidimensionale Kugel umhüllt, kann man, falls das Universum nicht flach, sondern gekrümmt ist, sich den dreidimensionalen Raum als „Rand“ eines höherdimensionalen Raums vorstellen. Wohlgemerkt dient dies lediglich der Veranschaulichung, denn das Universum ist in der klassischen Kosmologie nicht in einen höherdimensionalen Raum eingebettet.
Zusammenhang zwischen Massendichte, lokaler Geometrie und Form
Obwohl die lokale Geometrie sehr nahe an einer flachen, euklidischen Geometrie liegt, ist auch eine sphärische oder hyperbolische Geometrie nicht ausgeschlossen. Da die lokale Geometrie mit der globalen Form (Topologie) und dem Volumen des Universums verknüpft ist, ist letztlich auch unbekannt, ob das Volumen endlich ist (mathematisch ausgedrückt: ein kompakter topologischer Raum) oder ob das Universum einen unendlichen Rauminhalt besitzt. Welche Geometrien und Formen für das Universum möglich sind, hängt gemäß den Friedmann-Gleichungen, welche die Entwicklung des Universums im Standard-Urknallmodell beschreiben, wiederum wesentlich von der Energiedichte bzw. der Massendichte im Universum ab:
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Ist diese Dichte kleiner als ein bestimmter, als kritische Dichte bezeichneter Wert, so wird die globale Geometrie als hyperbolisch bezeichnet, da sie als das dreidimensionale Analogon zu einer zweidimensionalen hyperbolischen Fläche angesehen werden kann. Ein hyperbolisches Universum ist offen, d. h., ein gegebenes Volumenelement innerhalb des Universums dehnt sich immer weiter aus, ohne jemals zum Stillstand zu kommen. Das Gesamtvolumen eines hyperbolischen Universums kann sowohl unendlich als auch endlich sein.
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Ist die Energiedichte exakt gleich der kritischen Dichte, ist die Geometrie des Universums flach (euklidisch). Das Gesamtvolumen eines flachen Universums ist im einfachsten Fall, wenn man einen euklidischen Raum als einfachste Topologie annimmt, unendlich. Es sind aber auch Topologien mit endlichem Rauminhalt mit einem euklidischen Universum zu vereinbaren. Beispielsweise ist ein Hypertorus als Form möglich. Auch ein flaches Universum ist wie das hyperbolische Universum offen, ein gegebenes Volumenelement dehnt sich also immer weiter aus. Seine Expansion verlangsamt sich jedoch zusehends, so dass nach unendlicher Zeit eine endliche Ausdehnung erreicht ist.
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Ist die Energiedichte größer als die kritische Dichte, wird das Universum als „sphärisch“ bezeichnet. Das Volumen eines sphärischen Universums ist endlich. Im Gegensatz zum euklidischen und zum hyperbolischen Universum kommt die Ausdehnung des Universums irgendwann zum Stillstand und kehrt sich danach um. Das Universum „stürzt“ also wieder in sich zusammen.
Gegenwärtige astronomische Beobachtungsdaten erlauben es nicht, das Universum von einem euklidischen Universum zu unterscheiden. Die bisher gemessene Energiedichte des Universums liegt also so nahe an der kritischen Dichte, dass die experimentellen Fehler es nicht ermöglichen, zwischen den drei grundlegenden Fällen zu unterscheiden.
Dunkle Energie beeinflusst weiterhin die Expansionseigenschaften des Universums. So führt ein großer Anteil von Dunkler Energie dazu, dass ein sphärisches Universum nicht in sich zusammenstürzt, oder ein flaches Universum sich immer weiter beschleunigt. Bestimmte Formen der Dunklen Energie können sogar dazu führen, dass das Universum lokal schneller als Lichtgeschwindigkeit expandiert und so in einem Big Rip auseinandergerissen wird, da keine Wechselwirkungen zwischen Teilchen mehr stattfinden können.
Konsequenzen eines unendlichen Raumzeitvolumens
Die Annahme eines Universums mit einem unendlichen Raumzeitvolumen wirft einige Fragen nach den erkenntnistheoretischen Konsequenzen dieser Annahme auf. Hier spielt besonders das Anthropische Prinzip eine Rolle, wie es z. B. von Brandon Carter formuliert wurde.[8] Danach muss – in der vorsichtigsten Interpretation – zumindest die Notwendigkeit der Existenz eines Beobachters bei der Interpretation astronomischer Daten berücksichtigt werden; d. h. Beobachtungsdaten sind nicht notwendigerweise repräsentativ für das gesamte Universum.
Beispiele für Folgerungen, welche verschiedentlich daraus geschlossen wurden, sind etwa, dass ein lokal scheinbar lebensfreundliches Universum im Ganzen extrem lebensfeindlich sein kann, oder dass selbst extrem unwahrscheinliche, aber mögliche Ereignisse sich in einem solchen Universum unendlich oft ereignen müssten.[9] In neuerer Zeit hat der Physiker Max Tegmark darauf hingewiesen, dass aus dem gegenwärtigen Standardmodell des Universums zusammen mit der Quantentheorie folge, dass im Durchschnitt alle Meter eine „Zwillingswelt“ existieren müsse.[10] Einige der genannten Konsequenzen ergäben sich allerdings schon bei Universen mit endlichem, aber hinreichend großem Volumen
Die Natur
Natur (lateinisch natura von nasci „entstehen, geboren werden“, griech. semantische Entsprechung φύσις, physis, vgl. „Physik“) bezeichnet in der Regel das, was nicht vom Menschen geschaffen wurde. Der Begriff wird jedoch unterschiedlich und bisweilen in sich widersprechenden Bedeutungen verwendet, weshalb es öfter strittig ist, was zur Natur gehört und was nicht.
Die wichtigsten Bedeutungen des Naturbegriffs sind
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das Sein im Ganzen, der Kosmos (Universum),
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ein Teil der Wirklichkeit, der mit einem nichtnatürlichen Bereich – z. B. dem Göttlichen, Geistigen, Kulturellen, Künstlichen oder Technischen – kontrastiert ist,
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eine Eigenschaft der Wirklichkeit bzw. eines Wirklichkeitsbereiches und
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das Wesen eines Gegenstandes."[1]
Man unterscheidet zwischen belebter Natur (biotisch, z. B. Pflanzen, Tiere) und unbelebter Natur (abiotisch, z. B. Steine, Flüssigkeiten, Gase). Die Begriffe „belebt“ beziehungsweise „unbelebt“ sind dabei eng mit den Begriffsklärungen von Lebewesen und Leben verbunden, und in den Kontext philosophischer oder weltanschaulicher Anschauungsweise eingebunden.
Inhaltsverzeichnis
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1 Natur als Gegenbegriff zur Kultur
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2 Natur als philosophischer Begriff der westlichen Welt
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2.1 Antike
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2.2 Mittelalter
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2.3 Neuzeit
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2.4 Diskurs seit 1990
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3 Probleme der Definition von Natur
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4 Natur als Nutzgegenstand
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5 Natur als ästhetischer und symbolischer Gegenstand
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6 Integratives Naturverständnis
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7 Natur in der Wissenschaft
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8 Siehe auch
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9 Literatur
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10 Weblinks
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11 Einzelnachweise
Natur als Gegenbegriff zur Kultur[Bearbeiten]
→ Hauptartikel: „Natur und Kultur“: Leitkategorie(n) mit Konfliktpotential
„Natur gehört zu dem, was bleibt und sich nicht selbst vernichtet. Ganz anders steht es um die Kultur. Wahrscheinlich vermögen ihre technischen, namentlich militärischen Potenzen, sich selbst und alles irdische Leben auf einen Schlag zu zerstören.“
– Gregor Schiemann[2]
Natur bezeichnet als Leitkategorie der westlichen Welt im Allgemeinen das, was nicht vom Menschen geschaffen wurde, im Gegensatz zur (vom Menschen geschaffenen) Kultur.
Ob der Mensch selbst zur Natur gehört oder nicht, ist bereits nicht mehr gesellschaftlicher Konsens. Im ersten Fall spricht man auch von außermenschlicher Natur, um auszudrücken, dass Menschen ansonsten Teil der Natur sind, wobei sich der Naturbegriff damit dem Begriff Umwelt annähert.
Naturereignisse, Naturerscheinungen sind unter anderem Regen oder Gewitter, das Klima insgesamt. Dass auch diese natürlichen Phänomene längst von der Kultur des Menschen beeinflusst sind, passt nicht zu dieser tradierten Auffassung. Der menschliche Umgang mit der Natur wird immer häufiger zum Gegenstand einer Kritik an der Kultur, an Gesellschaftssystemen oder Regierungen.
In unserem Sprachgebrauch vorhandene Wendungen wie „natürlich“ (selbstverständlich) oder „in der Natur der Sache“ verweisen auf die elementare Bedeutung des Begriffs Natur. Bereits in der Romantik war ein großes Interesse an der Natur – in Verbindung mit einer gesteigerten Hinwendung zu Innerlichkeit und Gefühlen – als Gegenbewegung zur Industrialisierung entstanden.
Heute stellen sich in dieser Hinsicht mehr denn je kritische Fragen: ökologische Probleme wie Rohstoffverknappung und Umweltverschmutzung sind die Folgen der Übernutzung endlicher und erneuerbarer natürlicher Ressourcen. Ereignisse, die der Mensch nicht beherrschen kann, wie Erdbeben oder Vulkanausbrüche, sind im menschlichen Maßstab Naturkatastrophen. Die Forderung nach Eingriffen in das Naturgeschehen zum Schutz vor solchen Naturgefahren steht im Gegensatz zu der genannten Kulturkritik.
Lange Zeit in der westlichen Kulturgeschichte galt Natur auch als „Feind“ des Menschen: Sie war Angst einflößend, voller Gefahren und Bedrohungen.[3] Erst im Laufe der Aufklärungsepoche führte die vorgenannte Gegenbewegung zur Verklärung der Natur in der Gesellschaft; sie wurde nun vor allem als Vorbild für Ästhetik und Harmonie betrachtet. Die Rolle des Menschen verlagerte sich von über zu neben der Natur stehend. Mit dem Aufkeimen der Umweltbewegung im 20. Jahrhundert bekam der Mensch immer mehr die Rolle einer „Störgröße“ zugeschrieben. Dies wird besonders deutlich im Syndromkonzept des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), das ein besonders hohes Maß an wissenschaftlicher Definitionsmacht hat: Natur wird hier als Begriff für die Ordnungsmuster „hochkomplexer Gefüge von Wechselwirkungen ökologischer Systeme“ und „Ergebnis konfliktträchtiger Evolutionsprozesse“ betrachtet, das „zurückschlägt, wo ihre Gesetzmäßigkeiten missachtet, ihre Ökosysteme zerstört und ihre Ressourcen geplündert werden“, so dass es für „einfache Versöhnungs- und Harmoniemodelle“ keinen Anlass gäbe.[4]
Natur als philosophischer Begriff der westlichen Welt[Bearbeiten]
Der umgangssprachliche Gebrauch von natürlich oder unnatürlich und Ausdrücke wie „es liegt in der Natur der Sache“ weisen auf eine erweiterte Bedeutung hin. Möglich sind hier Deutungen wie „von der Natur gegeben“ oder „Bestimmung“.
Augustinus von Hippo unterscheidet zwischen einer materialen und einer formalen Definition der Natur. Für ihn ist Natur Wesen (essentia) und Substanz (substantia). Die Theologie folgt seit jeher der Frage nach dem Verhältnis von Natur und übernatürlicher Gnade.
Eine ausführliche Debatte innerhalb des philosophischen Zweiges der Ästhetik befasst sich mit dem „Naturschönen“ (im Kontrast zum in der Kunst erschaffenen Schönen).
Antike[Bearbeiten]
In der antiken griechischen Philosophie war Natur gleichzusetzen mit "Wesen" und "innerem Prinzip". Bei den meisten antiken Philosophen, vor allem bei Platon, den Stoikern und Neuplatonikern bezog sich der Begriff "Natur" (altgr. φύσις, physis) auf die Wohlgeordnetheit der Welt als Ganzes (altgr. κόσμος, kosmos = Kosmos). Aristoteles wandte den Begriff dagegen vornehmlich auf die Einzeldinge an. Natur ist bei ihm das, was die Bestimmung und den Zweck des Seienden ausmacht. Sie betrifft sowohl die den Dingen innewohnende Kraft (Dynamis, Energeia) als auch den diesen zugehörigen Ort und die damit verbundene Bewegung. "Leichtes" steigt nach oben, "Schweres" sinkt nach unten.[5] Die Antike kannte jedoch auch bereits den Gegensatz von Natur und Satzung (Gesetz, altgr. νόμος, nomos), wobei Satzung dasjenige meint, was vom Menschen gesetzt wurde.[6]
Mittelalter[Bearbeiten]
In der Scholastik wurde zwischen dem ewigen Schöpfergott, der "schaffenden Natur" (natura naturans) und der endlichen, "erschaffenen Natur" (natura naturata) unterschieden. Beides sind "strukturierende Prinzipien".[7]
Neuzeit[Bearbeiten]
Als sich die Naturwissenschaft herauszubilden begann, wurde die Natur zumeist als die Gesamtheit zweckfreier, ausgedehnter Körper angesehen, die den Naturgesetzen unterworfen sind. Die antike Auffassung, dass die Natur das Wesen und die Entwicklung des Seienden bestimme, hielt sich lediglich hinsichtlich der "Natur des Menschen", wurde jedoch in jüngerer Zeit immer wieder kontrovers diskutiert. Der Begriff Natur bezog sich zunehmend auf das, was vom menschlichen Bewusstsein erforscht, erkannt und beherrscht werden kann (und soll).[7]
Diskurs seit 1990[Bearbeiten]
Der heutige Diskurs um den Schutz der Natur bezieht sowohl die emotional erfassbare und mit ethischen Werten versehene Natur ein als auch das rational abstrahierte "System Natur". Der Philosoph Ludwig Fischer sagt dazu:
„Wir bleiben darauf verwiesen, Natur als ein objektiv Vorgegebenes und als ein kulturell Konzeptioniertes zugleich denken zu müssen.“
– Ludwig Fischer (Philologe)[8]
Probleme der Definition von Natur[Bearbeiten]
Als philosophischer Begriff (vgl. Naturphilosophie) ist das, was natürlich (der Natur entstammend) und was nicht natürlich ist, vom Verhältnis der Menschen zu ihrer Umwelt geprägt. In diesem Zusammenhang steht Umwelt für das Nicht-Ich, das außerhalb des Ego des Menschen ist.
Der Begriff Natur ist nicht wertfrei, so wird auch von Naturkatastrophen, Naturgefahren oder Ähnlichem gesprochen. Natur wird zur menschlichen Existenz in Beziehung gesetzt. Dieses Verhältnis ist vor allem durch emotional, ästhetisch und religiös wertende, normative Einstellungen bestimmt (Oldemeyer 1983).
Natur als Nutzgegenstand[Bearbeiten]
Die Kombination des anthropomorphen Naturverhältnisses der Frühzeit und des alttestamentlichen Menschenbildes, das dem Menschen gleichzeitig einen Beherrschungs- und Bewahrungsauftrag erteilt, führte in Europa seit dem Mittelalter zu einem technomorphen Naturverhältnis.
In der Aufklärung wurde die Natur dann vollständig dem Menschen zu seinen Zwecken nutzbar untergeordnet, und die Wildnis (Primärnatur) als noch zu Kultivierendes davon ausgeschieden. Diese technisch-utilitäre Einstellung wurde seit den naturphilosophischen Betrachtungen von Jean-Jacques Rousseau als Pervertierung des Naturzustandes aufgefasst und Natur sentimental gesehen, ohne jedoch die Trennung zwischen Mensch und „göttlicher Natur“ (Hölderlin) zu überwinden. Es manifestierte sich ein Verständnis, dass die „Natur als Gegenbegriff zur menschlichen Kultur und als einen sich selbst definierenden, untermenschlichen Gegenstand menschlicher Nutzung sah und teilweise noch sieht“, und zwar als „Grundlage und Rechtfertigung für eine hemmungslose Ausbeutung ohne normative Beschränkungen“ (Oldemeyer 1983).
Natur als ästhetischer und symbolischer Gegenstand[Bearbeiten]
Lebensweltlich wird Natur in vielfältiger Weise als ästhetischer und symbolischer Gegenstand wahrgenommen, z.B.
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wenn Lebewesen bestimmter Art mit symbolischen Bedeutungen verknüpft sind (z.B. rote Rosen, weiße Lilien, der Wolf, der Fuchs, die Schlange),[9][10][11]
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Lebewesen als regionales oder nationales Symbol dienen (wie der Adler in Deutschland, der Weißkopfseeadler in den USA und der Kiwi in Neuseeland),
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ein Gebiet als Landschaft oder Wildnis betrachtet wird[12][13][14][15][16] oder
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ein Naturphänomen Gegenstand der ästhetischen Kontemplation oder Imagination ist.[17][18]
Im Bereich der Dichtung und Poesie wird die Natur auch allegorisch als „Mutter allen Lebens“ bzw. „Allmutter“ umschrieben.
Integratives Naturverständnis[Bearbeiten]
Der Biologe Hansjörg Küster weist darauf hin, das Natur zumeist als unveränderliche Einheit verstanden wird, jedoch tatsächlich einem permanenten Wandel unterliegt: „In ihr kommt es ständig zu Temperaturschwankungen, Abtragung und Ablagerung von Gestein, Wachstum und Absterben von Lebewesen, Veränderung von Standorten.“[19] Daher wird Natur heute im naturwissenschaftlichen Diskurs als dynamische Größe verstanden, die überdies zeitweise in verschieden starkem Maße vom Menschen beeinflusst sein kann und demzufolge in unterschiedliche Grade von Natürlichkeit eingeteilt wird.[20]
Auf Basis der Ökologie, die als biologische Teildisziplin gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand, und später der Kybernetik wurde die Natur als selbstregulierendes System begriffen. Es entstand das „Wir-Welt-Verhältnis“ (Oldemeyer 1983).
Mit der Popularisierung der Ökosystemforschung gewinnen seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts mehr Menschen in den Industriestaaten die Einsicht, dass Natur nicht als Ganzes zu begreifen ist, sondern nur als ein offenes System, dessen Teil auch der Mensch mit seiner Kultur ist (integratives Verhältnis) (Oldemeyer 1983). Dies wird z. B. auch in der Definition der Arbeit deutlich, welche die Gesellschaft und die Natur im Systemzusammenhang nennt, wobei die Arbeitsprozesse vermittelnde Elemente und Abläufe sind, welche die Menschen wegen ihrer divergierenden Ziele nur offen gestalten können.
Abgeleitet davon wäre z. B. die Stadt, eine Kulturleistung des Menschen, als zweite Natur anzuerkennen. Die Stadt als Habitat (Lebensraum) des Menschen, die wir uns zunehmend lebensunwerter gestalten, erzeugt damit einen Bedarf nach einem diffusen Ideal von wilder oder unberührter Natur, nach Erholung. Dabei wird schlicht übersehen, dass auch vom Menschen stark überformte Bereiche (schützenswerte) Natur beinhalten. Diese integrative Naturauffassung schlägt sich aber in Fachkreisen, z. B. im Naturschutz, in der Ökologie, Stadtökologie etc., bereits nieder. Ludwig Klages bezeichnet als zweite Natur die rational durchformte bzw. „geistdurchsetzte“ Landschaft.
Natur in der Wissenschaft[Bearbeiten]
Innerhalb der Wissenschaft wird Natur sehr unterschiedlich konzipiert, meistens wird davon ausgegangen, dass sich die Naturwissenschaft mit der Natur oder zumindest einem Teil von ihr beschäftigt.
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Die Humanwissenschaften in ihrer Beschäftigung mit dem Menschen zählen sich hierbei teils den Naturwissenschaften, teils den Geisteswissenschaften zugehörig.
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Die Ingenieurswissenschaften nähern sich allgemein der Technik, die sich im Gegensatz einer Auseinandersetzung mit Natur sieht.
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Die Naturwissenschaft Ökologie befasst sich mit Natur im Hinblick auf lebende Organismen und deren Umweltbeziehungen.
Der Umgang mit dem Begriff muss aber in der Wissenschaftsphilosophie als sehr kontrovers dargestellt werden. Schematisch können drei vorherrschende Grundtypen von Rollen für den Begriff Natur in den wissenschaftlichen Konzepten im Hinblick auf ihr Verhältnis zum Sein unterschieden werden:
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Natur wird mit dem Sein identifiziert: So lautet die entsprechende ontologische Behauptung: „Alles, was ist, ist die eine Natur.“ Diese Positionierung wird in der Philosophie als Naturalismus bezeichnet.
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Natur wird als Teil des Seins, oder der Wirklichkeit, anderen Teilen gegenübergestellt. Andere Teile werden dann oft Kultur oder Geist genannt.
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Natur wird in ihrer objektiven Existenz negiert: „Es gibt keine Natur.“ Diese häufig im Konstruktivismus zu findende Position subsumiert Natur unter rein kognitive oder soziale Konstruktionen oder Phänomene, von denen sie sich dann qualitativ nicht unterscheidet